Letzte Änderung am 18. Oktober 2023 by Christoph Jüngling
Die Zeiten, in denen das formvollendete “Sehr geehrte Damen und Herren” nicht nur als höflich, sondern auch als ausreichend galt, um eine nicht näher identifizierbare Gruppe anzusprechen, sind wohl vorbei. Was einst so einfach war, wird nun fast wöchentlich durch eine weitere Variante ergänzt. Das stellt auch so simple Datenbanken wie eine Adressverwaltung unter Umständen vor ein Problem.
Nun kann (und darf) ich zu dem juristischen Aspekt dieser Thematik natürlich nichts sagen. Das diesbezügliche Urteil gegen die Deutsche Bahn (siehe Pressemitteilung) ist insofern aber auch für Datenbankentwickler interessant, und zu der technischen Umsetzung kann ich durchaus etwas sagen.
Früher war alles besser
Diesen Spruch habt ihr sicher auch schon des öfteren gehört. Aber in puncto Datenbankdesign kann man das durchaus sagen. Das “Fräulein” wurde ja schon vor längerem in den sprachlichen Ruhestand geschickt, und ein “Männlein” hat es wohl nie gegeben. Lange Zeit war die simple Unterscheidung zwischen “Herr”, “Frau” und “Firma” ausreichend. Datenbanktechnisch gab es im Grunde zwei Möglichkeiten:
Dementsprechend brauchte man entweder ein Byte-Feld, um 1, 2 oder 3 hineinzuschreiben, oder ein Textfeld für maximal 6 Zeichen. Wenn man nur zwischen “Herr” und “Frau” unterscheiden musste, reichte sogar ein Ja/Nein-Feld. Auf letzteres sollte man jedoch ab sofort verzichten.
So neu ist das alles doch nicht
Wer die Variante mit dem Dropdownfeld gewählt hat, ist vielleicht sogar bereits sehr nahe an der heute wünschenswerten Lösung. Dann nämlich, wenn ohnehin bereits die betreffenden Texte “Herr” oder “Frau” in ein Textfeld der Datenbanktabelle geschrieben wurden. Denn von da bis zu einer völlig freien Lösung ist es kein großer Schritt mehr.
Zunächst sollte das Datenbankfeld also vom Typ “Kurzer Text” sein. Über dessen Länge mag man streiten, aber für falsche Sparsamkeit ist hier sicher kein Platz. Also schlage ich vor, einfach die maximale Länge von 255 Zeichen zu verwenden. Gleichermaßen denke ich, dass “Eingabe erforderlich = Nein” und “Leere Zeichenfolge = Ja” ebenfalls gute Ideen sind, denn Wahlfreiheit bei der Bezeichnung der Anrede beinhaltet ja auch das Recht, keine Anrede zu wählen, ebenso wie es bei der Religion ist.
Und im Formular? Nun, da bleiben wir einfach bei dem Dropdown-Feld (“Kombinationsfeld”). Um die gewünschte Freiheit der Anrede umzusetzen, müssen wir nur die Eigenschaft “Nur Listeneinträge” auf “Nein” setzen.
Die Datensatzherkunft kann natürlich gern noch weitere heute übliche Begriffe enthalten. Das hat dann ohnehin nur noch Vorschlagscharakter, denn bei der Eingabe können jederzeit andere fantasievolle Begriffe verwendet werden. Wer möchte, kann “Nur Listeneinträge” doch auf “Ja” setzen und mittels des Ereignisses “Bei Nicht in Liste” auf neue Eingaben angemessen reagieren und die neuen Werte z.B. in eine separate Tabelle schreiben. Von dort könnte dann die Auswahl der Dropdownliste jeweils neu befüllt werden.
Und in Zukunft?
Auf diese recht einfache Weise sind wir für die Zukunft gerüstet, um jedwede neue Entwicklung auf dem Anredesektor einfach aussitzen zu können. Ob es nun Aliens wie Ywonnobiarella oder Scaagreal Vrelxill Draslaes sind, oder Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah leibhaftig in unserer Datenbank Einlass begehrt, dies alles könnte in dieses Feld hineinpassen. Nun sind das natürlich keine Anreden, sondern Namen, aber wer sagt denn, dass die Kreativität ihre gierigen Finger nicht demnächst auch danach ausstreckt? Dann könnte eines Tages auch Lwaxana Troi auf ihrem vollständigen Titel Tochter des Fünften Hauses, Halterin des geheiligten Kelches von Rixx, Erbin der heiligen Ringe von Betazed bestehen.
Ein Problem gäbe es allerdings, wenn jemand mit Namen oder Anreden kommen würde, die länger als 255 Zeichen sind. Dann müssen wir eventuell auf ein Memo-Feld (“Langer Text”) ausweichen.
Bleibt noch die Frage offen, wie man denn nun anstelle von “Sehr geehrte Damen und Herren” eine nicht näher identifizierbare Gruppe ansprechen sollte. Ich behelfe mich dabei ganz einfach mit dem norddeutschen “Moin”, da kann man wohl nichts falsch machen. Und wenn jemand meckert, berufe ich mich einfach auf die persönliche Freiheit der Grußform.
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