Wochenschau 23/2020

Letzte Änderung am 13. Juni 2020 by Christoph Jüngling

Moin! Eigentlich könnte ich mir die Einleitung inzwischen sparen, oder? Ihr wisst ja, was auf euch zu kommt :-)

Zerstörung

Rezo ist wieder mal dran. Diesmal “zerstört” er die Presse :-) na gut, nicht wirklich. Aber er führt sehr gut vor Augen, dass nicht nur zu große Leichtgläubigkeit schnell in’s Chaos führen kann, sondern auch dass bewusst gemachte Falschaussagen von einigen Medienhäusern letztlich die gesamte Branche unglaubwürdig machen.

Und er ruft uns auf, kritischer zu konsumieren und ab und zu auch mal nach echten Quellen zu suchen – und zu prüfen, ob diese auch wirklich die gemachte Aussage belegen, oder vielleicht eher das Gegenteil.

Jedenfalls habe ich das so verstanden.

Teures Placebo

Wenn scheinbar der einzige Grund für ein Gerät die Aussage “Wir verwenden dieses Gerät und finden es hilfreich” ist, dann scheint da nicht viel dahinter zu stecken. Dennoch wird laut Golem-Artikel ein USB-Stick von 128 MByte Kapazität so angepriesen. Und mit weiteren markigen Sprüchen wie ein “holografisches Verfahren der Quanten-Nano-Layer-Technologie“, das irgendwelche Schwingungen ausgleichen soll. Und das ganze natürlich unter dem Aspekt, uns von der ach so gefährlichen 5G-Strahlung abzuschirmen. Zum sagenhaften Preis von 315 Euro. Sogar im ausgeschalteten Zustand.

Nur nochmal zum mitschreiben: 128 MB hatte mein allererster USB-Stick von ALDI, der damals sagenhafte 65 DM gekostet hat, wenn ich mich recht erinnere. Aber immerhin, es war der erste, da sind die noch recht teuer. Für das 5-fache soll ich heute also ein gleich großes Gerät kaufen, das zusätzlich noch verspricht, mich gegen eine eingebildete Gefahr schützen. Für 315 Euro.

Ach ja, und vor dem älter werden bewahrt uns das Teil angeblich auch, und zwar durch “relativistische Zeitdilatation und eine biologische Quantenverschränkung auf DNA-Ebene“.

Und ich Doofie arbeite immer noch als Softwareentwickler. Ich glaube, ich muss umsatteln. Ideen hätte ich genug.

Charles Darwin ist 211

Charles Darwin im Alter von sieben Jahren. Ausschnitt aus einem Pastell von Rolinda Sharples von 1816.
(Quelle: Wikipedia, Autor: Ellen Sharples – File originally uploaded to w:Wikipedia by Duncharris at 20:49, 5 May 2004., Gemeinfrei)

Im Grunde schon seit Februar, und zumindest theoretisch. Das heißt, er wäre inzwischen 211, wenn die Evolution ihn nicht durch das Konzept der Sterblichkeit erfolgreich davor bewahrt hätte. Vielleicht hätte er mal den quantenverschränkten Dilatationshemmer in USB-Stick-Form verwenden sollen.

Darwins Name (Wikipedia) ist eng mit der Evolutionstheorie verknüpft, wird im allgemeinen als deren Entdecker bezeichnet. Wikipedia ist in der Formulierung allerdings zurückhaltender, dort ist von “wesentlichen Beiträgen zur Evolutionstheorie” die Rede. Der Leser wird dies vielleicht auch mit dem Begriff “Überleben des Stärkeren” assoziieren, jedoch ist dies meines Wissens falsch übersetzt. Der englische Begriff “Survival of the fittest” (Herbert Spencer), also “Überleben des Bestangepassten” trifft es eher, denn um physische Stärke geht es dabei nur am Rande. “Mutation und Selektion”, also “Veränderung und Auslese” ist ein andere Bezeichnung, die man häufig hört.

Bereits 1859 veröffentlichte er “Über die Entstehung der Arten”. Seine Theorie steht im krassen Gegensatz zur bisher verbreiteten kirchlichen Lehre. Doch auch heute noch (oder wieder) scheinen gewisse Gruppierungen lieber irgendwelchen eingebildeten “Logiken” zu folgen, als wissenschaftliche Erkenntnisse auch nur im Ansatz in Erwägung zu ziehen. Schließlich gibt es immer noch einen, der was anderes behauptet hat, und wieso sollte man einem glauben, der längst tot ist?

Hubschrauber für den Mars

Ingenuity Mars Helicopter
(Foto by NASA/JPL-Caltech – Quelle, Public Domain, Wikimedia)

Der Mars ist in aller Munde, vom Mond – so scheint es – redet man nur noch, um eine bessere Startposition für die Marsmissionen zu haben. Was ja keineswegs dumm ist, denn immerhin hat der Mond eine geringere Schwerkraft als die Erde, weshalb es einfacher ist, von dort mit einer Rakete zu starten. Und wenn man zusätzlich noch den richtigen Zeitpunkt (will heißen, den richtigen Punkt auf der Umlaufbahn) erwischt, kriegt man noch zusätzlichen Schwung für den langen Weg nach “draußen”.

Der Beitrag von Heise ist zwar schon zwei Jahre alt, aber mir eben gerade erst aufgefallen. Immerhin heißt die darin beschriebene Mission “Mars-2020” und soll demnächst mal starten. Mit an Bord ist dann ein Helikopter, dessen technische Daten speziell für die sehr dünne Atmosphäre des Mars (ca. 6,4 mbar) und die geringe Gravitation (etwas mehr als 1/3 der Erde) angepasst wurden.

Zunächst aber erstmal muss das ganze Equipment zum Mars geflogen werden, und dazu braucht man je nach Abstand zur Erde durchaus unterschiedliche Bahnkurven. Der Abstand zwischen Erde und Mars ist nämlich nicht immer gleich, da sich ja beide mit unterschiedlichem Bahnradius um die Sonne drehen. Auf Sicht losfliegen ist da ziemlich aussichtslos. Welche Entfernung die Planeten gerade jetzt von uns haben, kann man auf timeanddate.de nachschauen. Im Moment sind es etwas mehr als 146 Millionen Kilometer. Nicht gerade ein Katzensprung.

Überwachung

Was mit Computern so alles möglich ist, darüber liest man zwar gelegentlich die eine oder andere Horrorgeschichte, aber wer macht sich bei der täglichen Arbeit darüber wirklich Gedanken? Aber was wäre, wenn der Firmenrechner jeden Tastaturanschlag und jeden Mausklick, ja jede Mausbewegung aufzeichnen und auswerten würde? Wie lange du auf einer Website bist, wie oft dein Cursor in dem Programm für die Warenwirtschaft ist und wie oft nicht?

Bei einer Firma finden es die Leute toll, bei der anderen schrecklich, obwohl der Eingriff in die Privatsphäre gleich weit geht.

Aus: Bis auf die Unterhose überwacht, NZZ, 25.05.2020

Besonders im Home-Office scheint man daran interessiert zu sein, mehr wissen zu wollen. Da frage ich mich, wie ich mich als Entwickler fühle, der aus eigener Überzeugung ein Quellcodeverwaltungssystem einsetzt. Denn auch damit ließe sich eine gewisse Überwachung erreichen. Welcher Entwickler mach wie oft ein Commit, wie gut kommentiert er seine Arbeit, welche Bugs bearbeitet er und wie viele pro Tag? Dass Metriken wir “Codezeilen pro Stunde” oder eben auch “Bugs pro Stunde” wenig über die tatsächliche Arbeit aussagen, dürfte jedem einleuchten, der sich damit mal näher beschäftigt hat.

Normalerweise wird ein Entwickler danach trachten, Code nur einmal zu schreiben und mehrfach aufzurufen, wenn er gebraucht wird. Ein Chef, der die Zeilen zählt und seine Leute danach bewertet, würde sich über kurz oder lang über einen extremen Zuwachs an Arbeitsleistung freuen, der aber nicht von Dauer wäre. Denn wenn ich möglichst viele Zeilen schreiben soll, erzeuge ich sie einfach. Keine Wiederverwendung des Codes mehr, sondern Copy/Paste. Gut ist das nicht.

Auch die Frage, wer einen Bug in ein Programm eingebracht hat, ließe sich mit einer Quellcodeverwaltung leicht beantworten. Würde dies jedoch zu Strafmaßnahmen führen, würden findige Entwickler sicher Möglichkeiten finden, dies zu umgehen. Und wenn sie gar nichts mehr einchecken.

In diesem Bereich schaden Überwachungstechniken wohl mehr, als sie nützen.

Was ist eigentlich dieses “R”?

Ähnliche Artikel:

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

2 × 1 =