Letzte Änderung am 2. Juli 2016 by Christoph Jüngling
Inzwischen sind die Skandalnachrichten über Doktorarbeiten, die zu nennenswerten Teilen mittels “Copy & Paste” entstanden sind, etwas abgeebbt. Ab und zu liest oder hört man noch mal von einem Politiker, dass er wegen seines Vergessens, Zitate korrekt anzugeben, seinen Hut nehmen musste. Respektive Politikerinnen. Karl-Theodor zu Guttenberg war damit quasi der Beginn einer Reihe von entdeckten Fällen, aber keineswegs der einzige. Dennoch wurde ihm die zweifelhafte Ehre zuteil, Namensgeber der “Guttenberg-Tastatur” zu werden (u.a. hier).
Nun ist wohl jedem Schulkind klar, dass ein Doktor nicht automatisch auch ein Arzt ist, und dass dazu gehört, eine “Doktorarbeit” (Dissertation) geschrieben zu haben:
Die Dissertation (…) ist eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit, die in der Regel einen Wissenszuwachs beinhalten soll.
(Zitat aus dem zuvor verlinkten Wikipedia-Artikel)
Dass man einen Wissenszuwachs wohl kaum durch Abschreiben erlangen kann, dürfte wiederum jedem klar sein. Wieso also gibt es so viele gebildete Menschen, die trotzdem glauben, damit durchzukommen? Und gebildet sind sie bestimmt alle, denn immerhin ist für eine Doktorarbeit ein abgeschlossenes Hochschulstudium erforderlich!
Interessant finde ich in diesem Zusammenhang die Frage, was so ein Doktortitel eigentlich wirklich bedeutet. Wie hat man sich das vorzustellen, wenn jemand etwas zum Wissen der Menschheit beiträgt? Was für einen Menschen hat man vor sich, wenn man “Guten Morgen, Herr Doktor” zu ihm sagt? Welchen Blick auf die Welt hat wiederum Herr oder Frau Doktor?
Dazu habe ich vor kurzem eine wunderbare Illustration gefunden. Mit Erlaubnis des Autors übersetze ich diese wenigen Worte in’s Deutsche und verwende seine Bilder. Das englische Original befindet sich hier: The illustrated guide to a Ph.D. (der Ph.D. ist der Dr. in englischsprachigen Ländern).
Stell dir einen Kreis vor, der das gesamte Wissen der Menschheit umfassen würde:
Wenn du die Grundschule verlässt, weißt du schon ein wenig:
Wenn du das Abitur geschafft hast, weißt du ein bisschen mehr:
Mit dem ersten Abschluss eines Studiums hast du begonnen, dich zu spezialisieren:
Der zweite Abschluss vertieft diese Spezialisierung:
Das Lesen von wissenschaftlichen Publikationen bringt dich an den Rand des menschlichen Wissens:
An dieser Grenze angekommen, nimmst du diesen Bereich näher in Augenschein:
Für einige Jahre drückst du nun gegen diese Grenze:
Bis eines Tages die Grenze etwas nachgibt:
Und diese kleine Delle nennt man “Dr.”:
Natürlich sieht die Welt für dich jetzt etwas anders aus:
Aber vergiss niemals das Große Ganze:
Bleib dran!
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