Die Sache mit dem Bargeld

Letzte Änderung am 11. Dezember 2021 by Christoph Jüngling

Biergarten (Symbolfoto)

Ich will eure Aufmerksamkeit mal auf zwei scheinbar verschiedene Dinge lenken, die meiner Ansicht nach aber eher mehr Gemeinsamkeiten und sogar überraschende Vorteile haben, als es Widersprüche sind. Denn oft ist man zu festgefahren in seinen Ansichten, was vielleicht durch die angelernte Erfahrung und das Festsitzen in Tretmühlen begründet ist. Verständlich, aber nicht unumkehrbar.

“Geld ist Geld, aber Bitcoins sind ja nur unverständliche Daten. Die sind doch nichts wert!” So oder ähnlich wird gern argumentiert, doch was ist wirklich so anders am Bitcoin gegenüber dem Euro?

Immer wieder geistert das Gerücht der geplanten oder gar bevorstehenden Bargeldabschaffung durch die Köpfe. Abgesehen von der unbestrittenen Möglichkeit, völlig anonym zu bezahlen, sehe ich keine nennenswerten Vorteile im Bargeld. Ich muss sogar zugeben: Es ist bequem, einfach nur mit einem Stück Plastik in der Hosentasche in den Biergarten zu gehen. In dem Bewusstsein, dass ich genügend Geld auf dem Konto habe, um mir Essen und Getränke leisten zu können, brauche ich heutzutage eigentlich nicht mehr als eine ec-Karte, Visa-, Mastercard oder ähnliches. Die passt notfalls auch in eine Badehose und ist sogar wasserfest.

Und dann sind da natürlich die Bitcoins. Dazu brauche ich nicht mal eine Plastikkarte, das Immer-Dabei-Smartphone reicht. Auch hier gilt: In dem Bewusstsein, dass ich genügend Geld auf der Wallet habe, um mir Essen und Getränke leisten zu können, brauche ich eigentlich nicht mehr. Und Smartphones gibt es auch in wasserdicht.

Nun gut, werdet ihr sagen, aber diese Kursschwankungen! Stimmt, die gibt es beim Bitcoin. Beim Euro aber doch auch, oder? Nicht im Inland, aber wenn wir auf Reisen gehen, dann ergeben sich schon gewisse Wechselkursschwankungen von Jahr zu Jahr. Der Bitcoin springt wilder, aber existieren tun die Schwankungen hier wie dort.

Apropos Kurs: Schauen wir doch mal rein: https://www.bitcoin.de/de/chart zeigt, wenn wir auf den Button “5Y” klicken, schon etwas bemerkenswertes. Egal wann wir unsere Coins gekauft haben, sie waren einige Zeit später viel mehr wert. Manche Talsohle muss man aussitzen, aber bislang ging es auch immer wieder bergauf. Das bedeutet, dass ein langfristiger Bitcoin-Sammler ordentlich Gewinn gemacht hat. Wie ist das aktuell beim Euro? Da gibt es nicht mal vernünftige Zinsen!

Mit Bitcoins allein kann ich keine Schulden machen. Man muss ja immer erst einmal Bitcoins kaufen oder schürfen, bevor man sie ausgeben kann. Das ist quasi wie ein Girokonto ohne Dispo. Hat Vor- und Nachteile, sicher, aber wenn ich spekuliere (was bei den Kursschwankungen des Bitcoins faktisch der Fall ist), kann ich nur im schlimmsten Fall mit 0 BTC aus dem Geschäft rausgehen. Das kann passieren, wenn ich meine Wallet versehentlich lösche, die Börse gehackt wird oder der Bitcoin von Staats wegen verboten wird. Das kann mir beim Euro allerdings auch passieren, siehe “Währungsreform”.

Fiktive Bitcoin-Rechnung von der "Taverne Christos"

(QR-Code im Dezember 2021 ausgetauscht)

Es könnte auch sein, dass ich an die Wallet auf meinem Smartphone nicht mehr heran komme. Vielleicht geht es kaputt oder wird gestohlen. Dann ist das Geld futsch, egal ob nun der Dieb es ausgibt oder nicht. Mit dem Euro ist es genau dasselbe, also weder Vor- noch Nachteil. Nur dass ich meine Bitcoin-Wallet zusätzlich durch ein Passwort schützen kann.

Also ab in den griechischen Biergarten. Unter der Voraussetzung, dass der Wirt Bitcoins ebenso wie Kreditkarten akzeptiert, bin ich mit Smartphone oder Visakarte bestens gerüstet. Ich lade also – großzügig gerechnet – Bitcoins im Wert von 100 € auf die Wallet meines Smartphones. Bei dem aktuellem Kurs sind das 45 mBTC. Ich spaziere also nur mit dem Smartie fröhlich in den Biergarten. Mit Shaganaki, Gyros, Halvas und ein oder zwei Gläsern Imiglikos komme ich vielleicht auf 30 €, also 13,5 mBTC. Da ist dann noch Luft nach oben für das eine oder andere Weizen. Am Ende gibt mir der Wirt die Rechnung, auf der vielleicht so ein QR-Code wie nebenstehend abgedruckt ist. Oder der Code wird auf einem Gerät ähnlich wie mein Smartphone dargestellt. Ich scanne den Code, in dem der Name des Restaurants und der Betrag bereits eincodiert sind und bestätige die Transaktion. Fertig. Bei Eingabe in der Wallet sehe ich übrigens auch die Umrechnung in Euro gemäß aktuellem Kurs.

Ob ich nun Euro in Bitcoins umrechne oder Euro in schwedische Kronen ist eigentlich ziemlich egal. Und solange ich die Coins zeitnah zu der Ausgabe im Biergarten erwerbe, ist auch das Kursrisiko überschaubar.

Vielleicht habe ich die Coins aber auch schon vor einem Jahr gekauft und die Wallet solange nicht gebraucht. Dann hätte ich damals für die angenommenen 45 mBTC, die heute 100 € wert sind, nur etwa 27 € bezahlt! Bei dem Euro würde ich durch so ein Verhalten eher Verlust machen, denn 100 € bleiben 100 €, und durch die allgegenwärtige Verteuerung kriege ich dafür heute sogar weniger Gyros als vor einem Jahr.

Warum also nicht mal über den Bitcoin nachdenken?

(Hinweis: Der heutige Kurs ist wesentlich höher als noch im Artikel beschrieben. Den QR-Code habe ich ausgetauscht, da meine damalige Wallet nicht mehr existiert.)

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1 Kommentar

  1. Bargeld oder Plastik ist zumindest hier im Land der Bedenkenträger nicht die Frage. Hier gibt es unzählige Verfahren für das bargeldlose Verfahren, so dass man schon 99 verschiedene Apps bräuchte. Was halbwegs noch funtioniert ist die EC-Karte beim Großeinkauf, oder die Visakarte im Hotel. Der Rest verursacht Staus an der Kasse und dunkles Gemurmel in der Schlange. In Neuseeland hat jemand vor mir an einem Eisstand zwei Kugeln Eis mit Kreditkate bezahlt. Karte rein, Kugeln raus. Ging schneller als das Gesuche nach Groschen. Und niemand – außer mir – fand das sonderbar :-)

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