Letzte Änderung am 16. April 2023 by Christoph Jüngling
Ich bestreite es nicht: Ich war einst ein Fan. Ein Fan von Elon Musk. Es war (und ist) mir egal, woher er sein Vermögen hat, was er damit gemacht hat, fand ich einfach faszinierend. Bis heute.
Der Name spukte schon lange in meinem Kopf herum. Und was hat er nicht alles angefasst? Paypal, Hyperloop, The Boring Company, SpaceX, Tesla, wiederverwendbare Raketen und natürlich die Pläne für eine Mars-Mission. Faszinierend. Bei jedem Start haben viele mitgefiebert, und wenn es mal schief gegangen ist, sagte Musk (und das Publikum) sinngemäß “was soll’s, shit happens, es war halt ein Prototyp”.
Und die Liste ist noch lange nicht vollständig. Der Name “Hansdampf in allen Gassen” scheint tatsächlich gerechtfertigt zu sein. Natürlich kann ich nicht beurteilen, wobei er wirklich aktiv mitgearbeitet oder nur Chef gespielt hat. Das ist eigentlich auch nicht so wichtig, denn eines war klar: Der tut was.
Und nun Twitter. 44 Milliarden Dollar, ein Betrag, der wohl die Vorstellungskraft eines jeden Menschen sprengt. Doch es war ein holpriger Start. Erst große Sprüche, dann Rückzieher, dann doch der Zuschlag, und das im doppelten Sinne: Erst beim Kauf, dann bei der Belegschaft, ein großer Teil musste gehen.
Anfangs gab es noch verhaltenen Jubel in der Community, auch wenn kritische Stimmen immer ein Teil der Reaktion ausmachten. Aber so ist das eben in einem offenen Diskurs, man wird kaum einen Fall finden, wo sich alle einig sind. Ein Problem sollte das eigentlich nicht sein, schon gar nicht für die Person, die Anfangs ganz groß getönt hat, die Meinungsfreiheit sei das wichtigste.
Aber wenn die Meinung nicht passt, die da frei geäußert wird, ist schnell eine Grenze erreicht. Auch sachliche Berichterstattung auf Faktenbasis scheint unerwünscht zu sein, wenn es nach Elon Musk geht. Gerade heute schwirren viele Berichte von Zensurmaßnahmen gegen die Accounts von Journalisten durch das Netz. Deren Artikel waren, so heißt es, dem Milliardär nicht genehm. Der von Musk geäußerte Doxing-Vorwurf scheint dabei nur in einem Teil der Artikel zuzutreffen. Er wird aber (natürlich) so hoch aufgehängt, dass der Eindruck entsteht, es ginge allein darum. Das ist ein massiver Angriff auf die Pressefreiheit, und das darf einfach nicht sein, Milliardär hin oder her.
Die Berichte über diese Zensurmaßnahmen deuten insgesamt darauf hin, dass speziell Links zu Mastodon-Instanzen zensiert werden. Twitteruser berichten über gelöschte Tweets mit entsprechenden Links, angeblich seien aber auch Profile gesperrt worden, die in der Biographie Mastodon-URLs enthalten. Mein eigener Account ist davon nicht betroffen, zumindest noch nicht.
Daraufhin machte ich den Versuch, den Profiltext etwas deutlicher zu gestalten. Es sollte der folgende Text enthalten sein:
Seit Februar 2019 bei Mastodon (https://mastodontech.de/invite/yWP8zbZS), seit März 2012 bei Twitter. Wie lange noch?
Doch die Software von Twitter akzeptierte diesen Text nicht. Als Begründung wurde angegeben: “Account update failed: Description wird als Malware betrachtet.” (Update 16. April 2023: Jetzt funktioniert es!)
Weitere Einschränkungen habe ich noch nicht beobachtet, aber eines ist klar: So kann es nicht weiter gehen. Ich lasse mir nicht vorschreiben, welche Social-Media-Profile ich anlege und verlinke. Solange ich nicht gegen das Gesetz verstoße, erwarte ich, dass die Freie Meinungsäußerung auch hier garantiert wird.
Wie gesagt: Ich war einst ein Fan.
2 Kommentare
Ja, im Prinzip hast du recht. Musk ist ein Macher. Doch auch verrückt – was man wohl sein muss, wenn man zu Lebzeiten unvorstellbare Milliarden anhäuft.
Wenn er Meinungsfreiheit fordert, dann natürlich auch für seine eigene Meinung. Ausserdem ist Twitter privat. Welche “allgemeinen” Vorschriften soll es da geben? Mir stellen sich noch mehr Fragen. Was ist eine falsche Meinung? Was ist Hass? Pressefreiheit? Ist nur das richtig, was am meisten meiner Meinung ähnelt?
In anderen Ländern wird das oft einfach geklärt. Beipiel: Zu politischen Themen darf sich in China nur noch äußern, wer eine offizielle Lizenz dazu hat.
Klar, dieses Extrem will ich auch nicht. Aber ich will auch nicht, dass irgendjemand entscheidet, was ich richtig finden darf.
Autor
Ich gebe zu, dass die Entscheidungen in jedem Einzelfall sehr schwer sind. Ich denke aber auch, dass eine Plattform, die eine gewisse Größe erreicht hat, nicht mehr unbedingt als “privat” angesehen werden kann. Blöd zwar für ‘nen Milliardär wie Musk oder Zuckerberg, aber da muss er durch.