Fediverse: Incredibly Social

Letzte Änderung am 9. Juli 2023 by Christoph Jüngling

Dass neue Sachen erst einmal große Skepsis hervorrufen, ist ja nichts Neues. Dazu muss man dem Fortschritt nicht einmal grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen. Es reicht, sich die Frage zu stellen: “Brauche ich das wirklich?” So ist es dem Buchdruck ergangen, dem Internet, und nun auch dem Fediverse.

Während des heißen Herbstes 2022, als Elon Musk Twitter gekauft hat und für einige Leute die Welt zusammenzustürzen schien, sind zahlreiche User zu Mastodon gezogen. Ich sage ganz bewusst nicht “umgezogen”, denn allem Anschein nach hat kaum jemand seinen Twitter-Account wirklich aufgegeben. Nach diesem Hype schien eine gewisse Konsolidierung eingetreten zu sein, manche sind auch wieder zurückgewandert. Und einige regen sich immer noch über Twitter auf, weigern sich aber standhaft, das Fediverse auch nur auszuprobieren. Warum, frage ich dann immer. “Weil mir das alles zu umständlich ist”, ist eine der Antworten.

Umständlich?

Da frage ich mich: Was ist am Fediverse umständlich? Nehmen wir doch mal willkürlich einen Server aus dem vielfältigen Angebot heraus, nennen wir ihn incredibly.social. Dieser unglaublich soziale Server existiert (im Moment jedenfalls) nicht, daher verlinke ich auch nicht dorthin. Um einen realen Server zu finden, kannst du dir joinfediverse.wiki oder joinmastodon.org anschauen. Falls du bereits jemanden kennst, der im Fediverse aktiv ist, frag ihn oder sie einfach, wie die Instanz heißt, und melde dich dort ebenfalls an.

Wenn du nun also die Startseite des fiktiven https://incredibly.social aufrufst, findest du sicher auch eine Möglichkeit, dich dort zu registrieren. Dazu brauchst du nicht mehr als eine funktionierende eMail-Adresse und ein selbstgewähltes Passwort. Wenn du gerade keine Adresse übrig hast, oder deine häufig verwendete nicht benutzen willst, tut’s auch irgend ein Freemailer, die gibt es ja inzwischen wie Sand am Meer. Dann musst du vielleicht noch die Regeln akzeptieren, die Mailadresse bestätigen, und schon kann es losgehen.

Was genau war da jetzt umständlich? Das alles hast du sicher schon unzählige Male getan. Der einzige, aber auch wirklich der einzige Punkt dabei ist vielleicht die Entscheidung, welchen Server man nehmen soll. Viele der damaligen Umzügler haben sich einfach der häufig genannten (und vermeintlich “offiziellen”) Instanz “mastodon.social” zugewandt. Dabei gibt es gar keine “offizielle Instanz”, jede Instanz ist gleichwertig. Und da von jeder Instanz auch mit (fast) jeder anderen Instanz kommuniziert werden kann, ist es eigentlich egal, womit man startet. Und wenn es einem dort nicht mehr gefällt, gibt es sogar einen Umzugsservice. Eine Anleitung dazu findest du bei Netzpolitik.

Vielfalt!

Alle Welt redet von Vielfalt, manche fordern sie geradezu ein! “Divers” ist ja das neue Schlagwort, was auch immer der einzelne gerade darunter versteht. Das Fediverse ist vielfältig und divers, aber plötzlich soll das umständlich sein?

Ja, es ist richtig: Das Fediverse besteht nicht nur aus Mastodon. Jede Software, die das Protokoll ActivityPub unterstützt, ist allein dadurch bereits Teil des Fediverses. Einiges davon habe ich in dem Artikel  Schöne Neue Welt bereits beschrieben.

Aus dieser fast unermesslichen Vielfalt der möglichen Server im Fediverse haben wir uns nun incredibly.social herausgesucht. Falls es sich bei diesem um eine Mastodon-Instanz handelt, findest du in den kleinen Icons links oben eines, das mit “Lokale Timeline” beschriftet ist. Diese öffnet einen Bereich, der alle Nachrichten enthält, die von Personen geschrieben wurden, die auf dem selben Server angemeldet sind wie du. Und selbst wenn du niemals außerhalb dieser Timeline agierst, wirst du hier wahrscheinlich mehr zu lesen bekommen, als du aufnehmen kannst.

Der Blick über den Tellerrand

Dieser Artikel würde noch erheblich länger werden, wenn ich auf alle Möglichkeiten eingehen würde, die man im Fediverse finden kann. Aber eines möchte ich noch erwähnen, denn es ist möglicherweise überraschend.

Ihr kennt sicher die Blogsoftware “Wordpress”, die ich hier ja auch verwende. Mit Hilfe eines Plugins, das den gleichen Namen trägt wie das Protokoll “ActivityPub”, stellt dieses Blog alle Artikel auf Abruf auch für das Fediverse bereit. Du brauchst dort nur nach dem Account @chris@www.juengling-edv.de (genau so geschrieben! Ja, mit zwei @-Zeichen und dem “www.”!) zu suchen und ihm zu folgen. Dann landen automatisch alle neuen Artikel, die ich hier unter meinem Namen veröffentliche, in deiner Timeline im Fediverse. Und dabei ist es egal, von welchem Server aus du dieses Abonnement startest.

Und jetzt mal ehrlich. Ist das alles wirklich so umständlich?

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